BÜCHERHERBERGE S.H. oder die Wiederkehr des Verdrängten

seit 2000

Eine plastische Intervention in Form eines Bücherturms mit gesammelter Ratgeberliteratur aus den 1950er- und 1960er-Jahren, sortiert in die zwölf Fachgebiete: Aufklärung/Kinder, Benehmen, Handarbeit, Haushalt, Hobby, Mädchen, Ratgeberhefte, Schule, Susi, Tiere und Pflanzen, Wissen, Wohnen und Einrichten. Befragt wird der Status der Sammlung als Fundus, Relikt, historischem, ethnografischem und biografischem Material an der Schnittstelle zwischen individueller und kollektiver Erfahrung und Erinnerung, in der direkten Gegenüberstellung einer privaten und einer öffentlichen Bibliothek.

„Dürfen Mädchen Astronauten werden?“ Eine obsolete Frage, die herüberspielt aus vergangener Zeit, gestellt vielleicht in einem jener Ratgeberhefte, die wir aus den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts kennen wie – in anderem Zusammenhang – Schwamm drüber. Eine Schönheitsfibel für junge Mädchen, erschienen 1955 in Gütersloh. Dieses Büchlein bewahrt die BÜCHERHERBERGE S. H. assortiert unter „Mädchen“ nicht weit die Rubrik „Hobby mit Walter Sperlings Langeweile klein geschrieben. […]

Nehmen Sie Platz, nicht ohne Buch! Entnommen einem der im Wechsel geöffneten, sonst durch Plexiglas geschützten Abteilungen des frei stehenden Bücherturms, der auf diese Weise einlädt, im Archiv Susanne Hofmanns zu schmökern, zu recherchieren und wieder zu entdecken, etwa lang schon erledigt geglaubte Einrichtungsfragen, garniert mit Abbildungen von bestechend malerischer und konzeptueller Qualität. Schon das Inventar, die Buchrücken und die prominent präsentierten Cover zu erfassen, stößt die Vorstellung an, fördert Verschüttetes zu Tage und gibt der individuell motivierten Erinnerungsarbeit der Künstlerin eine allgemein greifende Dimension.

Wo sonst als in einer zugänglichen Bibliothek sollte die BÜCHERHERBERGE S. H. Brücken schlagend eingerichtet sein? Als Haus im Haus, als private Bibliothek in einer öffentlichen, in einem kollektiven Erinnerungsspeicher mit kaum fassbaren Mengen an Information, Sammlungen, akkumuliertem Wissen: geordnet, strukturiert, zugänglich gehalten – wunderbar und zugleich ein Gebilde, das seine Erfüllung nie finden kann. […]“

Andreas Baur, Selbst Leseratten werden einmal groß, in: Susanne Hofmann. lessons, Ausstellungskatalog, Saarländisches Künstlerhaus Saarbrücken/Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, 2002